Endlich: Gedenkkugel für die lesbischen Gefangenen in Ravensbrück
22. Juli 2021
Zum 77. Jahrestag der Befreiung wird im April 2022 die Gedenkkugel für die lesbischen Häftlinge in Ravensbrück und Uckermark offiziell eingeweiht. Die Gremien der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück und der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten haben dem entsprechenden Antrag letzte Woche zugestimmt. Zuvor hatte sich die Initiative „Autonome Feministische Frauen Lesben aus Deutschland und Österreich“ zusammen mit vielen weiteren Unterstützer_innen lange, intensiv und gegen einige Widerstände für das Gedenkzeichen eingesetzt.
Wir freuen uns, dass die Gedenkkugel nächstes Jahr nun endlich aufgestellt wird. Hier dokumentieren wir das Statement der „Autonomen Feministischen Frauen Lesben aus Deutschland und Österreich“ zusammen mit der Pressemitteilung der Gedenkstätte Ravensbrück vom 14. Juli 2021:
[English below]
„Wir haben es geschafft!“
Die Initiative „Autonome Feministische Frauen Lesben aus Deutschland und Österreich“ hatte bereits 2014 ein erstes Gedenken für die bisher ausgeschlossene Opfergruppe der lesbischen Frauen durchgeführt. Endlich stimmen auch die Gremien der Gedenkstätte für den Antrag, der zuletzt von verschiedenen Organisationen als Mitstifter*innen gestellt wurde.
Im Rahmen des 77. Jahrestages der Befreiung im Jahr 2022 wird die Gedenkkugel ihren festen Platz auf dem Gelände des ehemaligen Frauen-Konzentrationslagers erhalten. Die gemeinsame Inschrift lautet:
In Gedenken aller lesbischen Frauen und Mädchen im Frauen-KZ Ravensbrück und Uckermark. Sie wurden verfolgt, inhaftiert, auch ermordet.
Ihr seid nicht vergessen.
Dies ist ein wichtiger, längst überfälliger Schritt und ein Grund zur Freude!
Wir danken allen Unterstützer:innen!
Heute hat die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück folgende Pressemitteilung veröffentlicht:
„Gedenkzeichen für die lesbischen Häftlinge im Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück
Die Leitung der Gedenkstätte Ravensbrück und der Vorstand der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten haben dem Antrag für ein Gedenkzeichen für die lesbischen Häftlinge, die im Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück inhaftiert waren, zugestimmt.
Eine Initiative engagierter Frauen hatte sich bereits vor fünf Jahren das erste Mal an die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten gewandt. Dem Anliegen schloss sich nach und nach ein ganzes Bündnis an Unterstützerinnen und Unterstützern an. In den Gremien der Stiftung wurden vor allem Haftgründe und der Verfolgungsbegriff in Bezug auf lesbische Frauen im NS-Regime kritisch diskutiert. Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten hat daraufhin im Frühjahr 2021 gemeinsam mit der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld ein Gutachten bei Prof. Martin Lücke von der Freien Universität Berlin in Auftrag gegeben, das sich mit dem Schicksal lesbischer Frauen in Ravensbrück auseinandersetzt und den Begriff der Verfolgung einer kritischen Analyse unterzieht. Auf Grundlage dieses Gutachtens und nach intensiver Beratung sah die Fachkommission der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten den Nachweis der Verfolgung lesbischer Frauen sowohl innerhalb als auch außerhalb des Konzentrationslagers als erbracht an. Einstimmig erfolgte die Empfehlung an die Gedenkstätte und die Stiftung, das Gedenkzeichen vor Ort zu ermöglichen.
Ravensbrück war das zentrale Frauen-Konzentrationslager im deutschen Reich. Hier waren von 1939–1945 etwa 120.000 Frauen und 20.000 Männer aus über 30 Nationen inhaftiert. Sie waren dem politischen Widerstand zuzurechnen, wurden als Juden oder Sinti und Roma rassistisch verfolgt oder wurden als „asozial“, wegen „Verkehr mit Fremdvölkischen“, als Zeugen Jehovas, wegen Arbeitsverweigerung oder als gegen die „Volksgemeinschaft“ eingestellt gefangen genommen. Zum Ende des Krieges wurden auch immer mehr zivile Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in den Konzentrationslagern inhaftiert, wenn sie eines Vergehens beschuldigt wurden.
Unter den Häftlingen, die als lesbisch markiert wurden, sind bislang drei zu finden, die aufgrund einer Charakterisierung als lesbisch für die Ermordung in den Heilstätten Bernburg im Zuge der Aktion 14f13 selektiert wurden. Andere sind durch Denunziationen aus der Bevölkerung aufgrund einer angezeigten lesbischen Lebensweise in das Verfolgungssystem des Nationalsozialismus geraten. Wieder andere haben vor ihrer Inhaftierung offen lesbisch gelebt und waren schon aus diesem Grund aus der nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft“ ausgeschlossen. Die Lagerordnung im Konzentrationslager Ravensbrück stellte lesbische Liebe unter Strafe
Das Gedenkzeichen in Form einer aus Keramik gestalteten Kugel wird im Rahmen des 77. Jahrestages der Befreiung im Jahr 2022 auf dem neuen Gedenkareal an der ehemaligen Lagermauer eingeweiht.“
„We made it!“
The initiative “Autonomous Feminist Women Lesbians from Germany and Austria” carried out a first commemoration in 2014 for the previously excluded group of victims of lesbian women. Finally, the committees of the memorial also approve the application, which was most recently submitted by various organizations as co-donors.
As part of the 77th anniversary of the liberation in 2022, the Gedenkkugel will have a permanent place of the former women’s concentration camp. The common inscription reads:
In memory of all lesbian women and girls in the Ravensbrück and Uckermark women’s concentration camps. They were persecuted, imprisoned and even murdered.
You are not forgotten.
This is an important, long overdue step and a cause for joy!
We thank all supporters!
Today at 12 noon the Ravensbrück memorial site published the following press release:
„Memorial sign for the lesbian prisoners in the Ravensbrück women’s concentration camp
The management of the Ravensbrück Memorial and the Board of Directors of the Brandenburg Memorials Foundation have approved the application for a memorial to the lesbian prisoners who were imprisoned in the Ravensbrück women’s concentration camp.“