Einweihung eines Gedenkzeichens für Frauen, die Sex-Zwangsarbeit leisteten
3. Mai 2022
Mit etwa 200 Personen wurde am 1. Mai 2022 in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück ein Gedenkzeichen für Frauen, die Sex-Zwangsarbeit leisten mussten, eingeweiht. Das Gedenkzeichen wurde von der Projektgruppe Ravensbrück aus Bielefeld realisiert.
Hier das Grußwort der LGRF zur Einweihung des Gedenkzeichens:
Liebe Anwesende, liebe Freund*innen, liebe Antifaschist*innen, liebe Initiator*innen dieses Gedenkzeichens, und ganz besonders liebe Überlebende der Konzentrationslager und ihre Angehörigen!
76 Jahre brauchte es, nach Ende des Hitler-Faschismus, durch die Befreiung der Alliierten, um den Frauen, die in den Häftlingsbordellen Buchenwald, Mittelbau-Dora, Auschwitz-Stammlager, Auschwitz-Monowitz, Dachau, Mauthausen, Gusen, Flossenbürg, Neuengamme Sex-Zwangsarbeit leisten mussten, einen würdigen Gedenkort zu schaffen.
Die Frauen wurden hier im KZ Ravensbrück ausgesucht, meist waren sie willkürlich in die Häftlingsgruppe als sogenannte Asoziale eingestuft worden.
Endlich können wir hier in Ravensbrück ihrer Geschichten erinnern und dieses nationalsozialistische Verbrechen in der Öffentlichkeit benennen und verurteilen. Unsere Gedanken sind bei den Frauen, die diese sexuelle Gewalt erleben mussten.
Das lange Verschweigen der Überlebenden/-Verbände und der Gesellschaft – erst Mitte der 1990er Jahre wurde die Existenz von Lagerbordellen in den Gedenkstätten thematisiert – führte mit dazu, dass betroffene Frauen so lange zu ihren Erlebnissen schwiegen. Ihnen wurde Freiwilligkeit unterstellt und eigenes Verschulden. Sie hatten als sogenannte Asozial-Verfolgte erst seit Mitte der 1980er Jahren eine Möglichkeit auf Entschädigungszahlungen über eine sogenannte Härtefallregelung. Es brauchte großen Mut und Selbstermächtigung der Frauen, über die erlittene Gewalt zu sprechen, nur sehr wenige trauten sich, das Schweigen zu brechen.
Auch innerhalb der Lagergemeinschaft wurden Frauen, die Sex-Zwangsarbeit leisten mussten, lange Zeit nicht anerkannt und diskriminiert. Wir danken nochmal an dieser Stelle allen an den Anerkennungsprozessen Beteiligten für die Impulse und freuen uns sehr über diesen neu geschaffenen Gedenkort.
Hier an diesem Ort können die Geschichten der Frauen erzählt und Kontinuitäten der sexuellen Ausbeutung von Frauen in kriegerischen Auseinandersetzungen thematisiert werden. In den Kriegen, die heute stattfinden in Syrien, Mali, Jemen, seit dem 24. Februar in der Ukraine, finden Vergewaltigungen von Frauen als Kriegsstrategie statt. Dies verurteilen wir zutiefst!
Lasst uns weiterhin Sand im Getriebe von Kriegen sein, die kapitalistische Ausbeutung, Ein-Parteien-Herrschaft, volle Gefängnisse, Presse-Unfreiheit stabilisieren wollen, lasst uns antifaschistisch wirken, bei all unserem Tun, und aufmerksam und entschlossen Handeln bei Diskriminierung jeglicher Art!
Lasst uns Geschichte begreifen, um das Heute zu verstehen!
Erinnern heißt Handeln!
Say their names!
Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!
Zur vertiefenden Information über das Gedenkzeichen für Frauen, die Sex-Zwangsarbeit leisteten, empfehlen wir weiterhin das Video aus dem letzten Jahr: lg-ravensbrueck.vvn-bda.de/2021/04/18/befreiungsfeier-2021-gedenkzeichen-fuer-frauen-die-sex-zwangsarbeit-leisten-mussten
Außerdem gibt es das Grußwort der LGRF hier auch als PDF zum Herunterladen: